Aus der Schweiz kommen in letzter Zeit einige interessante und hochklassige Produktionen von Musikern, die zumindest dem Rezensenten wenig bis gar nicht vertraut sind. Und auch das Albin Brun Alpin Ensemble ist eines dieser Projekte der Kategorie „Wundertüte“. Brun ist ein umtriebiger Komponist und Bandleader, ist als Strassenmusiker in ganz Europa und mit eigenen Gruppen in der halben Welt gewesen und kann somit aus einem reichen Erfahrungsschatz verknüpft mit einer umfassenden musikalischen Ausbildung – also dem perfekten Grundstock für eine erfolgreiche Jazzkarriere – schöpfen. Und mit diesen Voraussetzungen geht der Mann nun an die musikalischen Traditionen seiner Heimat. Klar, dass da der Grossvater erst einmal von der Alm gejagt wird – selbst wenn die Band der Besetzung nach ziemlich volkstümlich daherkommt. Gerade in dieser Volkstümlichkeit liegt ja ein Teil der Spannung des Albums. Muss es denn immer die E-Gitarre, das Keyboard, das was-auch-immer sein? Können wir das nicht genauso gut – wenn nicht gar besser – auf unseren eigenen Instrumenten? Sie können es sicher, das hier abgebrannte Feuerwerk zeigt es. Von volkstümlichen Einschlägen – es wird u.a. gejodelt – geht es über beinahe swingartigen Sequenzen und Hardbop-Einschläge geradewegs in Richtung Free Jazz und gelegentlich sogar Funk. Und so deckt die Kapelle mühelos dieses gesamte Spektrum ab, ohne auch nur einen einzigen Stilbruch. Das Album präsentiert im Übrigen unter dem Motto „Sphères Alpines“ einige wunderschöne Fotografien der Schweizer Bergwelten und in den ruhigeren Passagen ist sie tatsächlich zu spüren. Die Einsamkeit, die Ruhe, aber auch die Naturgewalt, der der Mensch nichts entgegenzusetzen hat. Und in diesen Momenten erlangt das Album neben seiner musikalischen Klasse auch spirituelle Grösse.
Markus Köhler